«Im Grunde gut»

Ein komplettes Weltbild auf den Kopf gestellt – und dabei hoffnungsvoller geworden statt zynischer. Genau das kann passieren mit Rutger Bregmans Buch „Im Grunde gut“. Der niederländische Historiker und Journalist nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise durch die Geschichte der Menschheit und zeigt: Entgegen allem, was wir über die dunkle Seite der menschlichen Natur zu wissen glauben, sind wir Menschen im Kern gut.

Weshalb ich dieses Buch empfehle

Wer mich kennt weiß: Ich bin überzeugte Optimistin. Wenn ich Menschen kennenlerne, starte ich unser Miteinander mit einem Vertrauens-Vorschuss. Meine Gläser sind grundsätzlich halb voll und ich finde nahezu immer einen positiven Aspekt an den allermeisten Situationen. Das ist keine genetische Mutation, sondern eine bewusste Entscheidung, die ich jeden Morgen aktiv treffe – denn Spaß ist mein wichtigster Wert.

Nicht selten gerate ich mit dieser Einstellung bei anderen Menschen auf Unverständnis und Skepsis. Denn es scheint – insbesondere im deutschsprachigen Raum – eine weit verbreitete Annahme zu sein, dass „der Mensch“ im Allgemeinen schlecht ist und daher Argwohn das empfehlenswertere Mindset sei. Als ich dieses Buch zum ersten Mal gelesen habe, fühlte ich mich gehört, bestätigt und sehr bestärkt in meiner festen Überzeugung, dass der Mensch im Grunde gut ist. Eine These, die Rutger Bregman mit messerscharfer Logik, fundierter Recherche und einer erfrischenden, systematischen Dekonstruktion pessimistischer Urteile über die menschliche Natur belegt.

Besonders beeindruckt hat mich seine Analyse berühmter psychologischer Experimente wie dem Stanford Prison Experiment. Bregman deckt auf, wie manipuliert diese Studien waren und wie stark die Umgebung das Verhalten der Teilnehmenden beeinflusste – eine Erkenntnis, die auch für die Organisationsentwicklung revolutionär ist.

Key Takeaways

Die Fassadentheorie ist ein Mythos: Bregman hinterfragt die vorherrschende Haltung westlichen Denkens, die so genannte Fassadentheorie, wonach der Mensch in seinem Verhalten nur eine dünne zivilisatorisch-moralische Fassade besitzt, die durch Kultur und Zivilisation entstanden ist und seine egoistische und destruktive Natur überdeckt. Stattdessen zeigt er anhand von Beispielen: In Krisen helfen Menschen einander, spontan und ohne Eigennutz. Die Geschichten von Naturkatastrophen, Unfällen und sogar Kriegen erzählen eine andere Geschichte als die, die wir in den Medien sehen.

Die Realität ist optimistischer als die Nachrichten: Medien fokussieren meist auf das Negative – das verzerrt unser Weltbild dramatisch. Bregman zeigt, wie er trotz humaner Katastrophen und Terrorismus an das Gute im Menschen glaubt und wie ein realistischerer Blick auf die Menschheit aussehen könnte.

Kontakt überwindet Vorurteile: Bregman erklärt, dass Vorurteile, Hass und Rassismus aus einem Mangel an Kontakt entstehen – die Lösung liegt also darin, mehr Kontakt aufzunehmen. Seiner Meinung nach lassen sich Barrieren abbauen, wenn sich Menschen sich wirklich begegnen.

Umgebung formt Verhalten: Menschen passen sich ihrer Umgebung an – viel stärker, als wir denken. Das bedeutet: Wenn wir die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, bringen Menschen automatisch ihr Bestes zum Vorschein. (Eine Erkenntnis, die jeder Change Agent und jede Führungskraft verinnerlicht haben sollte.)

Macht korrumpiert – aber nicht unvermeidlich: Bregman zeigt, dass nicht die Macht an sich korrumpiert, sondern die Art, wie Machtsysteme aufgebaut sind. Mit den richtigen Strukturen und Kontrollmechanismen können auch Machtpositionen ethisch ausgeübt werden.

Was dieses Buch besonders macht

„Im Grunde gut“ ist ein inspirierendes Buch, das ein positives Menschenbild vermittelt und beleuchtet, wie wir unsere Gesellschaft gestalten können, um das Beste im Menschen zu fördern. Bregman ist kein naiver Optimist – er ist ein Realist mit einer hoffnungsvollen Vision.

Seinen Schreibstil finde ich zugänglich und spannend, ohne dabei oberflächlich zu werden. Er verwebt Geschichte, Psychologie, Soziologie und Anthropologie zu einem kohärenten Narrativ, das zum Nachdenken anregt und gleichzeitig Mut macht.

Für mich war die Bestätigung besonders wertvoll, wie sehr unsere Grundannahmen über die menschliche Natur unsere Arbeit beeinflussen: Wenn wir wirklich daran glauben, dass Menschen im Kern gut sind und ihr Bestes geben wollen, verändert das unsere gesamte Einstellung im Umgang miteinander – privat und beruflich.

„Im Grunde gut“ ist eine Einladung, die Welt und uns selbst mit anderen Augen zu sehen. In einer Zeit, in der Zynismus und Misstrauen dominieren, bietet Bregman einen wissenschaftlich fundierten Weg zurück zur Hoffnung. Meiner Meinung nach ein guter Ansatz, um die Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam zu meistern.

Erhältliche Sprachen und Formate

Das Buch ist neben dem niederländischen Original auch in deutscher Sprache als Hardcover, Taschenbuch, eBook und Hörbuch erhältlich.

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